Enterprise Architecture – Was ist EA/EAM ? – 3

‘Was ist eigentlich Enterprise Architecture?‘ und ‚Was bedeutet Enterprise Architecture Management?‘. Das Ziel ist es diese Fragen nachfolgend näher zu beleuchten und ein Verständnis des Themengebiets zur vermitteln.

Einführend lässt sich feststellen, dass es in der Literatur keine einheitliche Definition für den Begriff Enterprise Architecture (kurz EA) gibt. Im deutschen Sprachraum sprechen wir hier von Unternehmensarchitektur oder auch Enterprise Architektur. Nach Keller (2012, S. 20) wird der deutsche Begriff Unternehmensarchitektur synonym für das englische Verb ‚Enterprise Architecture‘ als auch für das Substantiv ‚Enterprise Architecture Management‘ verwendet. Betracht man den Begriff Unternehmensarchitektur linguistisch erhält man eine erste Erklärung was unter dem Begriff abstrakt verstanden wird. Das Bibliographisches Institut führt „Vorhaben(2013c) für den Begriff Unternehmen und „Konstruktion(2013a) für den Begriff Architektur als Bedeutungen an. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Begriff ‚Enterprise‘ im englischen für jede Form von Organisation mit gemeinsam verfolgten Zielen und einer gewissen Größe steht (Keller, 2012, S. 19). Wir sprechen linguistisch bei EA also von der Konstruktion eines Vorhabens. Das Vorhaben steht in diesem Fall für jede Form der Organisation gewisser Größe und gemeinsamer Zielsetzung. Betrachtet man nun noch den Begriff ‚Management‘ erhält man unter anderem ‚Verwaltung‘, und ‚Betreuung‘ als geeignete Bedeutung in diesem Kontext (Bibliographisches Institut GmbH, 2013b). Somit lässt sich ableiten, dass es sich bei Enterprise Architecture Management (kurz EAM) um die Tätigkeit, sprich die Verwaltung und Betreuung der Enterprise Architecture handelt. Dies bietet zwar noch keine Erklärung was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt stellt aber eine gute Ausgangsbasis für eine weitere Betrachtung dar.

Was ist Enterprise Architecture (EA)?

Keller (2012, S. 19–24) sieht den Ursprung der Enterprise Architecture in der Wirtschaftsinformatik. Dies führt er unter anderem auf die Vielzahl an Publikation aus diesem Bereich zurück. Die Beschreibung ganzer Unternehmen in Form von Architekturen hingegen erscheint aus seiner Sicht noch als sehr junge Disziplin. Diese Einschätzungen kann ich aufgrund der Recherche zu dieser Arbeit teilen. Eine Vielzahl an Publikationen zum Thema Enterprise Architecture respektive Unternehmensarchitektur beginnen mit einer Begriffsdiskussion die auf der folgender ISO Definition aufgebaut wurde.

“Fundamental concepts or properties of a system in its environment embodied in its elements, relationships, and in the principles of its design and evolution.” (International Organization for Standardization, 2011)

Diese häufig zitierte ISO Definition stammt aus der ISO/IEC/IEEE 42010:2011 zum Thema Systems and software engineering. Hier wird die ursprüngliche Herkunft aus dem Bereich der Informatik sehr deutlich. Während diese Definition für IT System- oder Softwarearchitektur sehr gut geeignet ist, stellt sie aus Sicht der Enterprise Architecture nur einen Teilbereich dar. Das United States General Accounting Office (kurz GAO) liefert hier eine sehr viel umfassendere Beschreibung für Enterprise Architecture. Nach dem GAO (2004, S. 4) kann die Architektur als eine Blaupause betrachtet werden, die den strategischen Plan eines Unternehmens mit den Programme und unterstützenden Systemen verbindet, um die verankerten strategischen Ziele zu erreichen. Hanschke (2011, S. 319) attestiert der Enterprise Architecture ebenfalls eine gesamthafte Sicht auf das Unternehmen. Wesentliche fachliche und IT- Strukturen werden festgelegt und miteinander verknüpft. Dies bildet die Basis für die Beschreibung von Business, IT und ihrer Zusammenhänge und schafft somit eine gemeinsame Sprachbasis.
Nach der BITKOM umfasst eine EA hierbei sämtliche Elemente zur Gestaltung von Unternehmen und beschreibt die zur Leistungserbringung erforderliche Infrastruktur und deren Organisation. (BITKOM, 2011, S. 11) In Abbildung 1 werden die wesentlichen Ebenen einer Enterprise Architecture im Überblick dargestellt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es sich bei Enterprise Architecture um eine Blaupause bzw. einen Bauplan des Unternehmens handelt. In diesem Bauplan werden alle Elemente und Verknüpfungen dargestellt, die zur Leistungserbringung des Unternehmens notwendig sind. Aus diesem Bauplan lässt sich somit erkennen wie das Unternehmen funktioniert und welche Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Bereichen bestehen. Darüber hinaus bildet die Enterprise Architecture den Ist- und Zielzustand eines Unternehmens ab (Keller, 2012, S. 26). Die Abbildung der Elemente ihres Zusammenspiels zwischen Business und IT, sowie ihres Ist- und Zielzustandes, ist die klassische Disziplin einer EA. Die Herkunft aus dem Bereich der IT ist in den Unternehmen und in der Literatur allgegenwärtig. Nichts desto trotz ist ein Entwicklungsprozess zu beobachten. Begonnen mit der Architektur von Software, über die Architektur der gesamten IT Landschaft bis zur Architektur des gesamten Unternehmens. Diese Entwicklung lässt den Schluss zu, dass es unterschiedliche Reifegrade in der Enterprise Architecture gibt. Hanschke (2011, S. 116) liefert ein Reifegradmodell für das Enterprise Architecture Management. Aus diesem Reifegradmodell lässt sich auch eine Reifegrad für den Bauplan des Unternehmens ableiten. Von der bruchstückhaften Dokumentation der Geschäftsarchitektur oder IT-Landschaft bis zur optimierten, aktuellen, konsistenten und verzahnten Dokumentation mit allen Steuergrößen (vgl. Hanschke, 2011, S. 120). Eine Metapher hierfür liefert die Geografie. Hier bewegt sich die Bandbreite auch zwischen einer nicht maßstabsgetreuen Landkarte mit ein paar wenigen Straßenzügen bis zu einem dreidimensionalen Globus mit exakten Positions- und Höhenangaben.

EA_3_1Abbildung 1: Ebenen einer Enterprise Architecture
Quelle: (BITKOM, 2011, S. 13)

Was ist Enterprise Architecture Management (EAM)?

Auch bei Enterprise Architecture Management existiert wieder eine Vielzahl an Definition unterschiedlicher Reifegrade. Nach Hanschke (2011, S. 305) bildet EAM das Instrumentarium, um die Komplexität der IT-Landschaft zu beherrschen und diese strategisch und businessorientiert weiterzuentwickeln. Es stellt einen wesentlichen Bestandteil des strategischen IT-Managements dar und enthält alle Prozesse zur Dokumentation, Analyse, Qualitätssicherung, Planung und Steuerung der Weiterentwicklung der IT-Landschaft und Geschäftsarchitektur (Hanschke, 2011, S. 11). Die BITKOM (2011, S. 11) hingegen bezeichnet EAM als Management Disziplin zur Gestaltung eines Unternehmens und ihrer Geschäftsbeziehungen. Den Gegenstand der EAM bildet die Erstellung, organisatorische Verankerung und Weiterentwicklung der EA im Unternehmen (BITKOM, 2011, S. 11). Darüber hinaus wird EAM teilweise auch als Bezeichnung für Softwarewerkzeuge zur Entwicklung von Architekturen verwendet (Heinrich & Stelzer, 2011, S. 53). Wie man an der Definition von Hanschke und der BITKOM aber bereits erkennt ist EAM mehr als ein Softwaretool. An dieser Stelle sei auch davor gewarnt die Einführung von EAM im Unternehmen mit der Einführung einer Software gleichzusetzen. Grandy Booch, einer der Väter der Modellierungssprache UML, hat in diesem Zusammenhang eine sehr passenden Aussage getroffen: „A fool with a tool is still a fool.“ 

Softwaretools stellen im Sinne des EAM eine notwendige Unterstützung dar, werden diese aber nicht automatisieren können.
Zusammenfassend lässt sich auch bei EAM feststellen, dass sich die Definition im Detail je nach Reifegrad unterscheidet. Vereinfacht dargestellt ist EAM jegliche Art von Tätigkeit die zur Erstellung, Pflege, Weiterentwicklung und Verankerung der EA notwendig ist. (BITKOM, 2011) Die schematische Darstellung in Abbildung 2 stellt die Capabilities respektive die Potentiale in den Mittelpunkt des EAM. Das übergeordnete Ziel von EAM lässt sich als Erkennung von Potentialen, durch die gesamthafte Sicht auf alle Elemente des Unternehmens und ihres Zusammenspiels zusammenfassen. Im Kontext eines gewinnorientierten Unternehmens geht es konkret um die Bildung dauerhafter Wettbewerbsvorteile (vgl. BITKOM, 2011, S. 10).

EA_3_2Abbildung 2: Was ist Enterprise Architecture Management?
Quelle: (BITKOM, 2011, S. 10)

Literatur

Bibliographisches Institut GmbH. (2013a). Architektur. Abgerufen 29. Mai 2014, von http://www.duden.de/rechtschreibung/Architektur

Bibliographisches Institut GmbH. (2013b). Management. Abgerufen 29. Mai 2014, von http://www.duden.de/rechtschreibung/Management

Bibliographisches Institut GmbH. (2013c). Unternehmen. Abgerufen 29. Mai 2014, von http://www.duden.de/rechtschreibung/Unternehmen

BITKOM (Hrsg.). (2011). Enterprise Architecture Management – neue Disziplin für die ganzheitliche Unternehmensentwicklung. Abgerufen von http://www.bitkom.org/files/documents/EAM_Enterprise_Architecture_Management_-_BITKOM_Leitfaden.pdf

Hanschke, I. (2011). Enterprise Architecture Management – einfach und effektiv: Ein praktischer Leitfaden für die Einführung von EAM. München: Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG.

Heinrich, L. J., & Stelzer, D. (2011). Informationsmanagement: Grundlagen, Aufgaben, Methoden (10. Aufl.). München: Oldenbourg.

International Organization for Standardization. (2011). ISO/IEC/IEEE 42010:2011. Abgerufen 3. Juni 2014, von https://www.iso.org/obp/ui/#iso:std:iso-iec-ieee:42010:ed-1:v1:en

Keller, W. (2012). IT-Unternehmensarchitektur: Von der Geschäftsstrategie zur optimalen IT-Unterstützung (2. Aufl.). Heidelberg: dpunkt.verlag.

United States General Accounting Office (Hrsg.). (2004). The Federal Enterprise Architecture and Agencies’ Enterprise Architectures Are Still Maturing. (C. Schwaiger, Übers.). Abgerufen von http://www.gao.gov/new.items/d04798t.pdf

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Enterprise Architecture – Blog Serie

Christian Schwaiger

Head of Corporate EAM & Enterprise Architect | Profile: XING, Twitter, LinkedIn