Meine Master Thesis – Agile Enterprise Architecture

TOGAF & KANBAN ! Bether together?

Nach einigen technischen Updates und einem Provider-Wechsel meines Blogs ist es höchste Zeit wieder vermehrt inhaltlich aktiv zu werden. Zum Start freue ich mich daher ganz besonders die Ergebnisse meiner Master Thesis zum Thema Agile Enterprise Architecture in diesem Blog Post mit euch zu teilen.

Diese entstand 2016 im Rahmen meines berufsbegleitenden Master-Studiengangs strategisches Informationsmanagement. Ich habe mich hierbei intensiv mit EAM Frameworks, der Kombination mit agilen Methoden und der Anwendbarkeit des Collaborative EA Ansatzes von Bente, Bombosch und Langade (Bente et al., 2012) befasst. Auch wenn inzwischen einige Zeit vergangen ist, sind die Themen EAM und agile Methoden/Organisation weiterhin in aller Munde.

Zusammenfassung (Resümee und Ausblick)

Abbildung 1: Gebundene Ausgabe

Die Enterprise Architecture liefert die Blaupause, den Bauplan, des Unternehmens. Sie stellt alle Elemente und Verknüpfungen dar, die zur Leistungserbringung respektive zur Wertschöpfung des Unternehmens notwendig sind. Je vielfältiger die Geschäftsprozesses und die IT Landschaft eines Unternehmens ist, desto komplexer ist ihr Bauplan. Die Befragten Experten machten deutlich, dass die Komplexität in der Domäne der IT in den Vergangen Jahren gestiegen ist. Als Treiber wurden, unter anderem, die Vielfältigkeit der IT Landschaft, die starke Vernetzung und die breite Palette an Möglichkeiten identifiziert. Diese Komplexität gezielt zu steuern und zu reduzieren ist eine der Herausforderungen, denen sich Enterprise Architecture Management stellt. Die Notwendigkeit einer aktiven Steuerung wurde von befragten Experten bestätigt. Komplexität stellt grundsätzlich einen Kostentreiber dar (vgl. Keller, 2012, S. 262). Die Fähigkeiten zur Steuerung der Komplexität haben also einen Einfluss auf die Wertschöpfung des Unternehmens. Dies nach partizipativen Prinzipien, mit allen Stakeholdern, so schlank und flexibel wie möglich anzugehen, ist der Ansatz des Collaborative EA Ansatzes von Bente, Bombosch und Langade. Er basiert auf der Anwendung von Lean-, Agilen- und Partizipativen-Konzepten auf die Enterprise Architecture.

Ziel dieser Arbeit war es die praktische Anwendbarkeit des Collaborative Enterprise Architecture Ansatzes zu untersuchen. Hierzu wurden Teilbereiche des Ansatzes validiert, um Möglichkeiten für Konkretisierungen und Umsetzungsschritte zu erforschen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Anwendbarkeit des EA Kanban Boards.

Das EA Kanban Board ist eine Kombination aus der ‚TOGAF Architecture Development Method‘ und der, auf Lean Prinzipien basierenden, agilen Methode Kanban. Die Visualisierung des Boards basiert dabei auf der TOGAF ADM Darstellung. Damit unterscheidet sie sich grundlegend von klassischen Kanban Visualisierungen. Speziell für den Einsatz verteilter Kanban Teams respektive die Einbindung von Teammitglieder, mit Homeoffice Anteilen, ist der Einsatz einer softwaregestützter Lösungen sinnvoll und notwendig. Da die verbreiteten Softwarelösungen am Markt eine klassische Kanban Board Visualisierung vorsehen, ist eine Transformationen des EA Kanban Boards notwendig.

Eine erfolgreiche Transformation konnte, unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden Regelwerks und dem natürlichen Fluss der Tickets, erfolgreich durchgeführt werden. Die TOGAF ADM Phasen wurden dabei in Form von Swimlanes abgebildet (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Transformation EA Kanban Board in ein klassisches Kanban Board

Dies bildet die Grundlage für die softwaregestützte Abbildung des EA Kanban Boards und legt damit den Grundstein für den effizienten Einsatz des Boards in geografisch verteilten Teams.

Die Umsetzbarkeit konnte im Rahmen eines Proof of Concept erfolgreich verifiziert werden.  Ein Vergleich zweier Marktführer (Atlassian & Microsoft) bescheinigte den Microsoft Visual Studio Team Services (zwischenzeitlich: Microsoft Azure DevOps Services) eine sehr gute Eignung zur Abbildung des EA Kanban Boards. Die Gemeinsamkeit beider Lösungen bestand in der fehlenden Unterstützung von WIP bzw. DIP Limits auf Ebene von Swimlanes. Eine Lösung bieten sowohl organisatorische, wie auch technische Maßnahmen. Eine organisatorische Maßnahme stellt die manuelle Überwachung von WIP bzw. DIP Limits dar. Ein automatisiertes Reporting, oder die Erweiterung der Softwarelösung sind technische Optionen. Bezogen auf die Microsoft Visual Studio Team Services (zwischenzeitlich: Microsoft Azure DevOps Services) ist die Erweiterung der Softwarelösung, verglichen mit dem voraussichtlich notwendigen manuellen Aufwand, durchaus sinnvoll. Unabhängig davon ist ein ergänzendes Reporting zu empfehlen, um Engpässe über einen längeren Zeitraum erkennen und eliminieren zu können, und so dem Anspruch an einen kontinuierlichen Verbesserungsprozesses gerecht zu werden. Die Strukturierung, Unterscheidung und Priorisierung der Backlog Elemente in Themes, Epics und Features ist initial ein zeitintensiver und manueller Prozess. Zusätzliche Beispiele würden diesen Prozess erleichtern und beschleunigen. Das erarbeitete Backlog bietet so ein Beispiel.

Für die Anwendung des Collaborative Ansatzes in der Praxis ist folgendes festzustellen:

Die Ausgestaltung des Backlogs erfordert methodisches Knowhow in den Bereichen TOGAF, KANBAN und Collaborative EA, sowie fachliches Knowhow. Die befragten Experten wiesen ebenfalls mehrfach auf den Umstand hin, dass das eingesetzte Personal die notwendigen Fähigkeiten und erforderlichen Qualifikationen aufweisen muss.

Die Ausgestaltung des Backlogs, im Rahmen des kontinuierlichen Anforderungsmanagement, gehört zu den Kernaufgaben agiler Methoden. Die Experten waren sich einig, dass Anforderungsmanagement zwingend notwendig ist. Ein moderat formalisierter Prozess, sowie ein zentrales Anforderungsmanagement stellen sinnvolle Ergänzungen dar. Eine Planung im Jahresturnus und eine damit verbundene jährliche Anforderungsaufnahme sind nicht empfehlenswert. Ein Wechsel zu einer rollierenden Planung, sowie die Institutionalisierung zentraler Ansprechpartner ist hingegen die klare Empfehlung. Weitere Erfolgskriterien sind der kontinuierliche Austausch zwischen Business und IT, sowie die Kontinuität bei Planung und Priorisierung. Die Verantwortung für eine Anforderung sollte darüber hinaus immer beim Anforderer bleiben.

Die Architekturbildung, im Sinne einer Enterprise Architecture, sollte transparent, im gegenseitigen Verständnis und mit aktivem Managementsupport erfolgen. Die Fähigkeiten und die entsprechende Qualifikation sind auch hier ein Schlüssel zum Erfolg. Ein zentrales Repository für die Verwaltung der Architektur, sowie Architecture Review Boards stellen unterstützende Werkzeuge dar.

Abschließend lässt sich feststellen, dass ein starker Link zwischen Anforderungsmanagement und Architekturbildung besteht. Die Bildung einer adäquaten Zielarchitektur, unabhängig von zugrundeliegenden Anforderungen, ist nicht möglich. Bei der Etablierung und Planung eines EA Prozesses, sollte der Anforderungsprozess daher mitbetrachtet werden. Dies stellt einen möglichen ersten Verankerungspunkt für einen EA Prozess im Unternehmen dar. Die EA Initiative darf hier aber keinesfalls ende, da sonst ausschließlich neue Systeme eingeführt werden und die Ablösung von Altsystemen nicht fokussiert wird. Negative Auswirkungen auf die Wertschöpfung, durch die Erhöhung der Komplexität, wären die Folge.

Insgesamt ist der Collaborative EA  Ansatz primär für die Optimierung von bestehenden EA Organisationen, Prozessen und Teams konzipiert. Die Anwendung im Rahmen eines komplexen IT Projektes ist nur dann sinnvoll, wenn dies dem Start einer EA Initiative dient. Aus Sicht eines einzelnen Projektes wird kein direkter Nutzen generiert. Dies entspricht zwar auch nicht der Intention des Ansatzes, sollte aber erwähnt werden.

Darüber hinaus ist noch anzumerken, dass das EA Kanban Board die grundlegenden Prozesse der TOGAF ADM nicht verändert. Die TOGAF ADM liefert zwar Struktur und Methodik, aber nur wenige geeignete Hilfsmittel zur Erarbeitung einer Architektur. Hierfür bietet auch der Collaborative EA Ansatz keine hinreichende Lösung.

Die Evaluierung geeigneter Hilfsmittel für den praktischen Einsatz von TOGAF, in Kombination mit dem Collaborative EA Ansatz, könnte daher ein weiterführendes Forschungsgebiet darstellen. Ebenfalls eine Option stellt die Betrachtung möglicher Skalierungsoptionen für das EA Kanban Board dar, beispielsweise über mehrere Kanban Boards. Die erarbeiteten Forschungsergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse fanden durchaus Anklang im eigenen Unternehmen. Im Rahmen einer gestartet Enterprise Architecture Initiative erhält der Autor die Möglichkeit diese aktiv mitzugestalten und die gesammelten Erfahrungen, sowie die gewonnenen Erkenntnisse mit einfließen zu lassen.

Die komplette Master Thesis zum Download

https://www.1stcloud.de/wp-content/uploads/2019/11/Master_Thesis_Agile_EA_C_Schwaiger.pdf

Zitieren

Zum Zitieren der Thesis findet Ihr hier die Referenz im APA Format. Weitere Formate lassen sich über nachfolgenden Link generieren.

Schwaiger, C. (2016). Agile Enterprise Architecture : Die Untersuchung Des Collaborative Enterprise Architecture Ansatzes Im Rahmen Einer Einzelfallstudie Im Umfeld Eines Komplexen IT Projektes. Abgerufen von
https://permalink.obvsg.at/duk/YC00341777

Weiterführende Literatur & Hyperlinks

Bente, S., Bombosch, U., & Langade, S. (2012). Collaborative Enterprise Architecture: Enriching EA with Lean, Agile, and Enterprise 2.0 Practices. (C. Schwaiger, Übers.) (1. Aufl.). Amsterdam: Morgan Kaufmann.
https://www.amazon.de/Collaborative-Enterprise-Architecture-Enriching-practices/dp/0124159346

Blog Post der TH Köln zur Master Thesis
https://blogs.gm.fh-koeln.de/bente/2016/09/30/agile-enterprise-architecture-die-untersuchung-des-collaborative-enterprise-architecture-ansatzes-im-rahmen-einer-einzelfallstudie-im-umfeld-eines-komplexen-it-projektes/

Christian Schwaiger

Head of Corporate EAM & Enterprise Architect | Profile: XING, Twitter, LinkedIn